Mit Souveränität und innerer Stärke

Atiya Özkaya begegnet in ihrem Arbeitsalltag den unterschiedlichsten Menschen mit ebenso vielfältigen Zielen und Interessen. Als Bauherrenvertreterin geht sie ihren Weg – mit Klarheit, Respekt und Humor.

Menschen
| 04.12.25
Foto von Atiya Özkaya

Von Atiya Özkaya kann man viel lernen. Zum Beispiel, wie man fokussiert bleibt, wenns rundherum brennt: «Wenn ich merke, dass ich auf Hochtouren laufe, halte ich inne, mache Atemübungen und sortiere mich neu.» Die 51-jährige Architektin jongliert als Bauherrenvertreterin der Terresta parallel mehrere Bauprojekte – vom denkmalgeschützten Altstadthaus bis zum Ersatzneubau. Sie behält die Termine im Auge, die Qualität der geleisteten Arbeit und natürlich die Finanzen. «Ich mag es, wenn etwas los ist», sagt sie lachend. Um in Balance zu bleiben, beginnt der Tag der Zürcherin mit Yoga.

Von Anatolien nach Wipkingen

Geboren wurde Atiya Özkaya in der Türkei, als Mitglied einer christlichen Minderheit. «Ich bin Aramäerin, unsere Sprache ist jene, die Jesus gesprochen hat.» Aufgewachsen ist sie in Deutschland. Nach dem Architekturstudium an der Technischen Universität Darmstadt zog es sie nach Shanghai. «Eine intensive Zeit. Zwei Wochen Ferien im Jahr, kaum freie Wochenenden – aber unheimlich lehrreich.» Atiya Özkaya, die von sich selbst sagt, strukturiert und diszipliniert zu sein, lernte dort, Tempo zu halten, Perspektiven zu wechseln und in jedem Fall lösungsorientiert zu sein. Etwas, das ihr bis heute zugutekommt – zum Beispiel als Frau in einer Männerwelt: «Nicht selten wurde ich als Herr Özkaya angeschrieben ». Früher ärgerte sie sich, heute nimmt sie es mit Humor. «Das Wichtigste, was man als Frau in der Baubranche entwickeln muss, ist ein gesundes Selbstbewusstsein», sagt sie schmunzelnd.

Aussenansicht der Liegenschaft an der Obergasse 3.

Kontrastreiche Arbeit: Atiya Özkaya leitet Renovationsprojekte in der Winterthurer Altstadt – etwa an der Obergasse 3 –, aber auch das Ersatzneubauprojekt an der Zypressenstrasse.

06 Aussen Zwischenraum

2007 kam Atiya Özkaya, wie sie sagt, «in die schöne Schweiz», zunächst nach Basel, später nach Zürich. Heute lebt die Doppelbürgerin in Wipkingen, im fünften Stock eines renovierten Altbaus. Perfekt für sie, die schon als Teenager ästhetische Räume schätzte. Der Berufswunsch Architektin stand denn auch früh fest – und passt bis heute. Für Terresta arbeitet Atiya Özkaya erst seit wenigen Monaten. Sie fühlte sich sofort wohl. «Das Menschliche hat einen hohen Stellenwert, die Sorgfalt, der gegenseitige Respekt und die flachen Hierarchien.» 

Das, was bleibt

Wenn Atiya Özkaya über ihre Arbeit spricht, wird dieselbe Haltung spürbar: Sie liebt den Kontakt zu den unterschiedlichsten Menschen – und dass ihre Arbeit Sinn stiftet. «Alte Häuser zu bewahren, ist wertvoll. Gerade in schnelllebigen Zeiten braucht es diese Verbindung zur Geschichte.» Dankbarkeit, Bewusstsein, Begegnung auf Augenhöhe – mit diesen Worten umschreibt die Architektin ihre Lebenshaltung. «Wir sind alles Menschen, niemand darf sich über andere stellen.» Das Leben sei unser kostbarstes Geschenk. «Ich versuche darum, es bewusst zu leben – jeden Tag mit innerer Ruhe und Freude.»

  • Text

    Tanja Polli

  • Fotos / Visualisierung

    Micha Steinmann / TBS
    Goran Potkonjak
    ARGE Bach Mühle Fuchs und Theres Hollenstein Architektur, Zürich