Eine WG in Extragrösse
Eine spezielle Wohnform bietet Terresta im Bühlhof an der Steinbergasse in Winterthur an: die Clusterwohnung. Seit Sommer 2024 leben hier sieben junge und junggebliebene Menschen in der wohl grössten Wohngemeinschaft der Altstadt.

Die Steinberggasse gilt neben der Marktgasse als zweite Lebensader der Winterthurer Altstadt. Die kleinen Geschäfte, Cafés, die Brunnen und der wöchentliche Markt locken viele Menschen in die Gasse. An prominenter Stelle, an der Kreuzung Steinbergasse/Metzggasse, steht der Bühlhof. Mit einer umfassenden und aufwändigen Renovation hat Terresta hier neues Leben in die vorher grösstenteils als Lager genutzte Liegenschaft der SKKG gebracht.
Neben diversen Wohnungen und Gewerbeflächen ist im obersten Stock eine Clusterwohnung entstanden: sieben separate Wohneinheiten mit eigenem Bad, die sich Gemeinschaftsräume und Küche teilen. Eingezogen sind Ian, Mauro, Nurja, Julia, Hanna, Leonie und Uwe.
Vom Dorf in die Altstadt
Viele Schuhe im Eingangsbereich, ein Wochenplan in der Küche, Reste des Mittagessens auf dem Esstisch, an dem Julia und Uwe sitzen: Man merkt, dass hier eine WG zusammengefunden hat.
Fünf der sieben Cluster-Wohnenden lebten bereits vorher zusammen, aber ganz anders: in einem Bauernhaus in Esslingen, einem 1800-Seelen-Dorf. «Das war schön, mit eigenem Garten», sagt Uwe. «Aber halt weit weg von allem.» Abends nach der Arbeit nochmals in die Stadt – das lag damals oft nicht mehr drin. Und so kam über die Jahre der Wunsch nach einer Wohnung näher am Stadtleben auf.
Kennengelernt hat sich die Gruppe durch die drei Geschwister Nurja, Mauro und Ian. Die WG in Esslingen war über die Jahre unterschiedlich zusammengesetzt, in der letzten Konstellation lebten die Mitglieder bereits vier Jahre zusammen.
Vom ruhigen Landleben direkt in die Altstadt – ein Schock? «Es brauchte schon etwas Zeit», sagt Julia. Aus der Haustür kommen und dann schon voll im Geschehen stehen, daran musste sie sich erst gewöhnen. «Aber schneller in der Stadt und bei der Arbeit, das ist sehr praktisch.»
«Die Wohnung im fertigen Zustand zu sehen, war schon ein Wow-Effekt.»
Uwe
Alles geregelt im Verein
Als Julia letztes Jahr das Inserat für die Clusterwohnung sah und es der WG zeigte, war für alle klar: Da wollten sie sich bewerben. Da sie bereits zu fünft waren und keine frische Studenten-WG mehr, rechneten sie sich von Anfang an hohe Chancen aus. Dass sie nach der Zusage von Terresta immer wieder vorbeischauen und die Wohnung auch noch «im Bau» besichtigen konnten, fanden sie sehr spannend. «Sich aber vorzustellen, wie das nachher aussieht, war gar nicht so einfach», sagt Uwe. So kamen etwa Zweifel auf, ob die Zimmer wirklich gross genug seien. Die verflogen jedoch schnell, als sie die Wohnung im fertigen Zustand sahen: «Das war dann schon ein Wow-Effekt», erinnert sich Uwe.
Für ihren Umzug in die Stadt gründete die Gruppe einen Verein, um die Mietverhältnisse möglichst sicher und einfach zu gestalten. Der Verein fungiert als Mieter gegenüber Terresta, die Bewohner:innen sind Vereinsmitglieder. «Die Vereinsgründung war ein interessanter Prozess», sagt Julia. Sie hätten über Dinge diskutiert, die sie vorher nie besprochen hatten. Jetzt ist alles geregelt: Wer auszieht, muss drei Nachfolger:innen vorschlagen, es gilt eine Kündigungsfrist von drei Monaten. Ein Knackpunkt sei die Verteilung der Miete und der Zimmer gewesen. Am Ende lösten es die Vereinsmitglieder so, dass die Grösse und Beliebtheit der Zimmer den Anteil an die Miete bestimmt, den die Bewohner:innen für ihr Zimmer zahlen. Wer wo wohnt, diskutierten sie nach der letzten Besichtigung bei einem gemeinsamen Nachtessen aus. «Danach war es geregelt und seither sind alle zufrieden», sagt Julia.
Offenheit und Kommunikationsbereitschaft sind zentral
Der Umzug in die Stadt und die Erweiterung von fünf auf sieben Mitbewohner:innen brachte neue Dynamik in das WG-Leben. Neue Leute und mehr Optionen für spontane Aktivitäten – etwa Auswärtsessen oder gemeinsam an die Musikfestwochen – sorgen wieder für ein aktiveres Zusammenwohnen.
Auch sonst ist die Gruppe gut angekommen in ihrem neuen Daheim. Viele Pflanzen schmücken die Wohnung, in den Gemeinschaftsräumen gibt es eine «Bibliothek» und einen Beamer für Filmabende. «Das eigene Bad ist ein mega Luxus», sagt Julia. Und auch die grosse Küche mit zwei Kühlschränken erleichtert den WG-Alltag. Besondere Freude bereitet die Dachterrasse, die zur Clusterwohnung gehört. «Die ist sehr lärm- und windgeschützt, eine kleine Oase. Wie im Urlaub!», sagt Uwe.
Für Julia und Uwe ist klar: Um zu siebt gut zusammenleben zu können, braucht es Offenheit und Kommunikationsbereitschaft. «Wir sind sehr offen und haben keine Angst vor Neuem.» Dass sie sehr verschieden sind und bis zu 13 Jahren Altersunterschied haben, sieht der WG-Älteste Uwe als Vorteil. «So haben alle ihren Platz in der Gruppe.»

«Das eigene Bad ist ein mega Luxus.»
Julia
Gefunden, was sie gesucht haben
Julia findet es wichtig, dass es ein Miteinander gibt und eine familiäre Atmosphäre herrscht, «keine Zweckgemeinschaft». Ein Prinzip, das die Gruppe bereits in den Rest des Hauses getragen hat: Schon wenige Wochen nach dem Einzug haben sie alle Bewohner:innen des Bühlhofs zu einem Kennenlern-Apéro auf der Dachterrasse eingeladen, zu dem viele kamen. «Die Durchmischung hier im Haus ist sehr breit, das ist toll», sagt Uwe.
Nach fast drei Monaten ist für Uwe klar, dass sie im Bühlhof das gefunden haben, was sie suchten: eine zentrale, schöne Wohnung für eine grosse WG. Und auch Julia findet, dass sie mit dem Umzug in die Winterthurer Altstadt den richtigen Schritt gemacht haben. Nur: «Das Albanifest schenke ich mir nächstes Jahr – das war dann doch etwas zu viel grad vor der Haustür.»
Markantes Gebäude in der Steinberggasse
Im historischen Bühlhof entstand ein vielfältiger Wohnungsmix aus 1- bis 4.5-Zimmer-Wohnungen und einer Clusterwohnung. Bei der Renovation hat Terresta unter anderem die Grundrisse verändert, die Wärmedämmung verbessert, die Fenster energetisch optimiert und die Haustechnik erneuert - alles in enger Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege. Geheizt wird neu mit Fernwärme.
Die insgesamt 15 neuen Wohnungen versprühen viel Altstadtcharme mit Fischgratparketten, Holztäfer und -balken und Stuckatur-Elementen. Die drei Gewerbeflächen im Erdgeschoss beleben die Gasse.